Der Geist von Beelitz-Ein Besuch in den verlassenen Beelitz Heilstätten

Beelitz Heilstätten. Meine Reise in die geheimnisvolle Spukwelt

der ehemaligen Lungenheilanstalt.

 

»Faszinierend, atemberaubend, dem Verfall preisgegeben« – diese drei Worte kamen mir sofort in den Sinn, als ich das Gelände der Beelitz Heilstätten betrat, aber fangen wir mit dem Anfang an. Mein Name ist Lukas Arnold, ich bin begeisterter Hobbyfotograf und komme aus Wien. Besonders in den Bann gezogen haben mich »Lost Places«, also verlassene, vergessene Orte, die dem Verfall preisgegeben sind.

 

Das Spannende an diesen Orten ist, dass man nie weiß was einem erwartet. Schon öfter bin ich (leider) zu spät gekommen und stand nur mehr vor der Abrissruine des einstigen »Lost Place«. Es ist wie eine Schatzsuche, welche im Internet mit der

Recherche beginnt und im besten Fall in den verlassenen Gebäuden weitergeht, in denen ich schon öfter tolle Fotomotive ausfindig machen konnte.

 

Vor mehreren Jahren sah ich erstmals eine Dokumentation im Fernsehen über »Lost Places«. Ich war noch ein kleiner Bub, der zur Schule ging,und mich faszinierten die verfallenen Häuser, die stillgelegten Fabriken und eine alte Lungenheilanstalt mit dem Namen »Beelitz Heilstätten«. Schon damals war für mich obligatorisch klar: »Wenn ich groß bin,möchte ich diesen Ort sehen!« So besuchte ich Anfang des Jahres 2019 diesen faszinierenden Ort.

Es war ein kalter Sonntag, die Temperaturen lagen knapp über dem Gefrierpunkt, und über Beelitz lag eine dicke Nebelwolke, welche die Gebäude gruselig umhüllte. Die Luft war kalt und trocken. Auf dem Weg zu den Häusern begegnete ich keiner Menschenseele; es war, als wäre Beelitz ausgestorben. Als ich das Gelände betrat, fesselte mich gleich am Anfang der Anblick des Küchengebäudes. Dieses wirkte wie ein Märchenschloss auf mich, welches seine Glanzzeiten schon hinter sich hat. Die Dachziegel waren teilweise komplett abgedeckt, an der Fassade schlängelten sich schon etliche Grünpflanzen, die Fenster waren zerschlagen, und ein Bauzaun schützte das Gebäude vor dem illegalen Betreten. Der Himmel zeigte sich nach wie vor sehr bewölkt, und auch der Nebel saß noch sehr tief. Kurz und gut: es war genauso, wie ich es mir vorgestellt hatte: »Der dichte Nebel harmonierte perfekt mit den verfallenen Gebäuden und tauchte das Gelände in eine gespenstische Atmosphäre.« Begeistert von dem Anblick und der Freude darüber, dass ich endlich diesen Ort mit eigenen Augen sehen und erkunden konnte, ging ich weiter zu dem berühmten »Alpenhaus«. Erst aus der Nähe konnte ich dieses beeindruckende

Gebäude sehen. Ehe ich mit einer Führung von »Baum und Zeit« ins Innere dieses Gebäudes ging, verschaffte ich mir einen Überblick über die Gebäude und das Gelände auf der Aussichtsterrasse.

Von oben konnte ich das weitläufige Gelände überblicken; die

einzelnen Gebäude, welche von unten so mächtig und groß sind, wirkten von oben wie kleine Steine, die in der Umgebung liegen gelassen worden sind. Die Natur eroberte sich alles zurück. So wachsen teilweise schon aus den eingestürzten Dächern Bäume und kleine Sträucher. Weiter ging es, auf den Baumkronenpfad. Mich beeindruckte der große Wald am Dach bzw. in den letzten Stockwerken des »Alpenhauses«. Der Anblick wirkte sehr friedlich. Da, wo vor dem Zweiten Weltkrieg Patienten lagen und auf ihre Genesung warteten, an einem Ort, der 1945 durch Bomben massiv zerstört und beschädigt wurde,

bieten die obersten Stockwerke jetzt viel Lebensraum für die Natur. Mir wurde erzählt, dass mittlerweile mittlerweile viele verschiedene Tiere am Dach des Hauses wohnen würden, Füchse und Dachse sind nur einige davon. Das Wetter lockerte allmählich auf, und ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass die spannende Führung im »Alpenhaus« bald auch schon losgehen würde. 

Die erste halbe Stunde erfuhr ich ziemlich viele spannende

Informationen über die Geschichte von Beelitz und die Krankheit Tuberkulose, ehe es »inside the amazing ‚Alpenhaus‘« ging,wie ich danach meine Bilder auf Instagram nannte. Im Inneren begrüßte mich ein karger Anblick. Die Wände waren abgeschlagen und viele Schmierereien zierten die Wände. Bis vor kurzem war das Gelände nicht bewacht und

alarmgesichert, und so wurde es leider zum Treffpunkt vieler Leute und zur Hochburg von Vandalismus und Graffiti-Schmierereien. Über den Türstöcken konnte ich noch die

originalen Zimmernummern sehen. In manchen Räumen wurden alte Bettgestelle und Nachtkästen aufgestellt, damit ein kleiner Eindruck gewonnen werden konnte, wie es

früher hier wohl ausgesehen haben mag. Am Ende des langen Ganges, im Erdgeschoss, erblickte ich, von der Absperrung aus, einen großen Saal – den ehemaligen Speisesaal. Obwohl die Natur sich alles zurückeroberte und teilweise schon Bäume im Inneren wuchsen, konnte ich mir, mit ein wenig Phantasie und einem Bild von früher vor Augen, den Glanz von damals vorstellen: So sah ich vor meinem inneren Auge die Patienten, welche die im prunkvollen Speisesaal saßen und ihr Abendbrot genossen, beobachtet von den strengen Blicken des Pflegepersonals, welches am Balkon mittig des Saales saß und Patienten beobachtete, damit auch niemand das damalige kostbare Essen heimlich einsteckte und den Verwandten und Bekannten bei Besuchen mitgab. Bevor es wieder an die frische Luft ging, wo sich mittlerweile die Sonne den Weg durch das Wolkenmeer gebahnt hatte und schlagartig die Häuser in eine friedliche Atmosphäre eintauchte, ging es

noch in dem ehemaligen Waschsaal.

Am Weg dorthin blieb ich an einem besonders schönen und einzigartigen Graffito hängen, welches an der Wand an einem Treppenaufgang zu sehen war. Es zeigte eine Person, elegant im Mantel und Krawatte gekleidet. Das einzige außergewöhnliche daran: Der Kopf stammte von einem Vogel. Ich

war begeistert von diesem Kunstwerk, da es perfekt in die alten Gemäuer passt und die verkohlten Wände neu aufleben lässt. Die Führung hat mir sehr gut gefallen. Ich fühlte mich sehr wohl in den alten Gemäuern und freute mich auf zahlreiche schöne Fotomotive, doch da war noch diese einzige Frage die ich unbedingt noch loswerden wollte: »Spukt es

in Beelitz? Und wenn ja: wo sind denn die Geister?« Mit einem Grinsen im Gesicht verwies mich unser freundlicher Tourguide auf die Führung in der »Alten Chirurgie« und meinte: »In der »Alten Chirurgie« spukt es angeblich. Viele Geisterjäger aus der ganzen Welt waren schon dort, um das Geheimnis dieses Ortes zu lüften.« Im Nachsatz sagte er noch mit nachdenklicher Stimme: »Es muss jeder für sich entscheiden, ob er daran glaubt, dass es dort spukt oder nicht. Aber eines ist schon eigenartig: Seitdem wir hier Führungen in den alten Gebäuden anbieten, kommt es fast regelmäßig vor, dass Besucher in der »Alten Chirurgie« umkippen und einen Schwächeanfall erleiden. Mittlerweile mussten wir, also die Tourguides, alle schon einen »Erste-Hilfe-Kurs« absolvieren, damit wir den geschwächten Besuchern zur Hilfe kommen können.« Diese Worte machten mich neugierig, und so trat ich den Weg zur »Alten Chirurgie« an. Schon von weitem sah ich die zerschossenen Fenster und die Sträucher, welche sich quer durch die Balkone schlängelten. Das Gebäude war tatsächlich schon in einem sehr schlechten Zustand, wie leider die meisten Gebäude auf dem Areal – dennoch faszinierte mich der Anblick. Die leeren Fensterhöhlen und die komplett verwüsteten OP-Räume, welche ich von außen erblickte, sahen wirklich unheimlich aus. »Bei völliger Dunkelheit kann ich mir vorstellen, dass es ein sehr unheimlicher Besuch ist, wenn man (sich vermeintlich alleine wähnend) die dunklen Gänge und verwüsteten Räume erkundet und dann Geräusche hört, oder wenn sich die Türen sich gespenstisch auf und zu bewegen, so wie es in vielen Internet Beiträgen zu lesen ist.« Meine Phantasie ging nun endgültig mit mir durch, und so war es sehr erlösend, als ich den Tourguide am Eingangstor zur »Alten Chirurgie« sah, der schon auf die Besucher wartete. Ich konnte es kaum erwarten, den Ort. welchen ich seid Jahren aus diversen Filmen und Bildern kannte, erstmals live zu sehen und zu erleben.

Die Tour ging beim Haupteingang los. Mit Bauhelmen wurden wir vor fallenden Mauerwerk geschützt. Dann erzählte uns der Tourguide einige interessante Fakten und Geschichten über die Lungenheilanstalt und über die »Alten Chirurgie«. Ich konnte den Worten des Guides nur schwer folgen. Viel zu beeindruckt war ich von der Eingangshalle. Die Wände waren kahl, der Putz lag überall verstreut am Boden. Links und rechts gingen zwei Gänge weg, in denen die Türen teilweise schon am Boden lag. Die Fenster weit geöffnet bzw. schon aus der Verankerung gerissen. Nach der Einführung in das Gebäude ging es durch

einen langen Gang in Richtung der ehemaligen OP-Räume. Es war ein bedrückendes Gefühl, welches ich in diesem Gang hatte – überall lagen Glasscherben, der Wind zog

gespenstisch durch die leeren Fensterhöhlen, und ab und zu hörte ich auch das Heulen des Windes. Am Ende des Ganges bogen wir in einen weiteren Gang ein. Wir waren nun endgültig in den alten OP-Räumen angelangt. Die Räume waren alle durch Paletten und

Absperrbänder versperrt. Ich konnte jedoch einen Blick darüber werfen und war schockiert: »Der Anblick, der sich mir bot, war selbst für mich als begeisterter »Lost Places«-Fotograf schockierend.

Der Raum, in dem bis vor wenigen Jahrzehnten noch Operationen durchgeführt worden waren und weltweit durch das berühmte Bild mit der großen OP-Lampe und dem Bett bekannt geworden war, bestand mittlerweile nur mehr aus einer Trümmerlandschaft. Am Boden stand das Wasser, die markanten, typischen blauen Fliesen waren komplett abgeschlagen und lagen teilweise nur mehr in kleinen

Stücken am Boden. Die Wände waren kahl und von Grafitti und Schmierereien geprägt.«

An der Wand konnte ich auch noch eine komplett verrostete Steckdosenamateur sehen, ebenso die kläglichen Überreste der Operationslampe. Durch die langen Gänge ging es in

einen runden verfliesten Raum. Auch hier konnte man das Ausmaß des Vandalismus

deutlich sehen: die Wände waren beschmiert und die Fenster eingeschlagen. Auch wenn ich keinen Geist begegnet bin und auch sonst keine paranormalen Aktivitäten feststellte, sondern mich voll und ganz auf meine Fotos konzentrierte, war es ein ganz spezielles, eigenartiges Gefühl in der »Alten Chirurgie«. Vielleicht lag es an den sämtlichen Gruselgeschichten, welche ich aus dem Internet kannte oder doch an der Tatsache, dass hier, in den verfallenen Gemäuern von Beelitz Heilstätten, so manche Seelen ihr Unwesen treiben – das vermag ich an dieser Stelle nicht sagen. Am liebsten hätte ich natürlich das komplette Gebäude und unten bis oben erforscht, doch das ist aufgrund des schlechten baulichen Zustandes nicht mehr möglich. So war ich am Ende der Führung tatsächlich ein kleines bisschen erleichtert darüber, meinen Helm in der Truhe am Eingang abgeben zu dürfen und wieder unbeschadet aus dem Gebäude gehen zu können. Mittlerweile stand die Sonne schon tief, und ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass es Abend geworden und die Zeit zur Abreise aus Beelitz gekommen war. So begab ich mich, mit spannenden Bildern und jeder Menge Glücksgefühle im Gepäck, endlich diesen Ort gesehen zu haben, wieder auf die Heimreise nach Berlin in mein Hotel.

 

Von Lukas Arnold (Text und

Fotos)